Von der Theorie zur Praxis: Die UN-BRK und das Bundesteilhabegesetz (BTHG) – Fortschritt oder Stillstand für die Inklusion?

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Blogbeitrag: UN-BRK und das BTHG

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Von der Theorie zur Praxis: Die UN-BRK und das Bundesteilhabegesetz (BTHG) – Fortschritt oder Stillstand für die Inklusion?

Die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) im Jahr 2009 war für Deutschland ein klares Bekenntnis zur Stärkung der Rechte und der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. Doch internationale Verträge entfalten ihre volle Wirkung erst durch die Umsetzung in nationales Recht. Ein zentrales Gesetzesvorhaben in diesem Kontext ist das Bundesteilhabegesetz (BTHG), das schrittweise seit 2017 in Kraft getreten ist. Doch hält das BTHG, was es verspricht? Bringt es den erhofften Fortschritt für Inklusion und Teilhabe, oder manifestieren sich alte Probleme in neuem Gewand?

Die UN-BRK als Kompass: Der Anspruch an ein modernes Teilhaberecht

Die UN-BRK fordert einen grundlegenden Paradigmenwechsel: weg von einer defizitorientierten Fürsorge hin zu einem menschenrechtsbasierten Ansatz, der die Selbstbestimmung, Wahlfreiheit und volle gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt stellt. Kernprinzipien wie Personenzentrierung, Nichtdiskriminierung, Barrierefreiheit und die Einbeziehung in die Gemeinschaft (Artikel 19 UN-BRK) sind die Leitplanken, an denen sich nationale Gesetzgebung messen lassen muss. Insbesondere das Recht auf Persönliche Assistenz, um ein unabhängiges Leben zu führen, ist hier ein zentraler Aspekt.

Das Bundesteilhabegesetz (BTHG): Ziele und Kernreformen

Das BTHG wurde mit dem ambitionierten Ziel angetreten, die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen grundlegend zu modernisieren und sie stärker an den Vorgaben der UN-BRK auszurichten. Zu den erklärten Zielen gehörten:

  • Stärkung der Selbstbestimmung und der Wahlmöglichkeiten.
  • Herauslösung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe aus dem „Fürsorgesystem“ der Sozialhilfe.
  • Verbesserung der Zugangsregelungen zu Leistungen (Stichwort „Personenzentrierung“).
  • Einführung eines neuen Bedarfsermittlungsinstruments und des Gesamtplanverfahrens.
  • Verbesserungen bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen.

Wichtige Änderungen durch das BTHG: Eine zentrale Neuerung ist die Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe (z.B. für Wohnen, Arbeit, soziale Teilhabe) von den existenzsichernden Leistungen (Grundsicherung). Menschen, die in besonderen Wohnformen leben, müssen nun Miete und Lebensunterhalt aus ihrem Einkommen oder Grundsicherungsleistungen bestreiten und erhalten die Fachleistungen gesondert. Dies soll mehr Autonomie und Transparenz schaffen.

Fortschritte durch das BTHG: Wo liegen die positiven Aspekte?

Unbestritten hat das BTHG in einigen Bereichen Potenziale geschaffen und Verbesserungen angestoßen:

  • Betonung der Personenzentrierung: Der Grundsatz, dass sich Leistungen an den individuellen Bedürfnissen und Wünschen der Person ausrichten sollen, ist im Gesetz klarer verankert. Das Gesamtplanverfahren soll dies unterstützen.
  • Erleichterungen bei Einkommen und Vermögen: Für einen Teil der leistungsberechtigten Personen, insbesondere für jene, die erwerbstätig sind, haben sich die Freibeträge für Einkommen und Vermögen erhöht. Dies kann die finanzielle Situation verbessern und Anreize zur Arbeitsaufnahme schaffen.
  • Stärkung des Wunsch- und Wahlrechts (theoretisch): Das Recht, zwischen verschiedenen Leistungsformen und Anbietern zu wählen, einschließlich des Persönlichen Budgets und der Persönlichen Assistenz, wurde formal gestärkt.
  • Trennung von Fach- und Existenzleistungen: Dies kann zu mehr Transparenz führen und die Rolle des Menschen mit Behinderung als Mieter\*in oder Kund\*in gegenüber Leistungserbringern stärken.

Kritikpunkte und weiterhin bestehende Lücken: Wo hakt es in der Praxis?

Trotz der positiven Ansätze gibt es massive Kritik von Betroffenenverbänden, Selbstvertretern und Fachleuten an der Umsetzung und den Auswirkungen des BTHG:

  • Bürokratie und Komplexität: Entgegen der Erwartungen hat das BTHG in vielen Fällen zu neuer und komplexerer Bürokratie geführt. Antragsverfahren sind oft langwierig und undurchsichtig.
  • Bedarfsermittlung und Gesamtplanverfahren: Die neuen Bedarfsermittlungsinstrumente (z.B. BEI_NRW, ITP) werden oft als zu standardisiert und nicht ausreichend individuell kritisiert. Es besteht die Sorge, dass Bedarfe nicht adäquat erfasst und Leistungen eher gedeckelt als erweitert werden. Das Gesamtplanverfahren bindet erhebliche Ressourcen und führt nicht immer zu den gewünschten personenzentrierten Ergebnissen.
  • Zugangsbeschränkungen: Insbesondere die Abgrenzung der Eingliederungshilfe (nach § 99 SGB IX) führt in der Praxis zu Unsicherheiten und potenziellen Zugangsbeschränkungen für Menschen, deren Teilhabeeinschränkung nicht in mindestens fünf von neun Lebensbereichen für mindestens sechs Monate als erheblich eingestuft wird.
  • „Pooling“ von Leistungen: Die Möglichkeit, Leistungen für mehrere Personen gemeinsam zu erbringen (Pooling), wird kritisch gesehen, da sie das individuelle Wunsch- und Wahlrecht und die Selbstbestimmung, insbesondere bei der Persönlichen Assistenz, einschränken kann.
  • Finanzierungsvorbehalte und Sparzwänge: Trotz des menschenrechtlichen Anspruchs stehen Kostenträger oft unter erheblichem Spardruck, was die Bewilligung notwendiger und gewünschter Leistungen erschwert. Die tatsächliche Höhe z.B. des Persönlichen Budgets ist oft umkämpft.
  • Schnittstellenproblematik: Die Koordination zwischen verschiedenen Leistungsträgern (Eingliederungshilfe, Pflege, Krankenversicherung, Arbeitsförderung) bleibt eine große Herausforderung.
  • Umsetzung in den Bundesländern: Die Ausführung des BTHG ist Ländersache, was zu einer heterogenen Umsetzung und unterschiedlichen Standards führt.

Persönliche Assistenz im Spannungsfeld des BTHG

Für die Persönliche Assistenz, als Königsdisziplin der selbstbestimmten Lebensführung, hat das BTHG sowohl Chancen als auch Risiken mit sich gebracht. Einerseits wird das Persönliche Budget als Leistungsform gestärkt, andererseits können die genannten Kritikpunkte (Bedarfsermittlung, Pooling, Finanzierungsdruck) die Realisierung einer umfassenden und bedarfsgerechten Assistenz erschweren. Die Gefahr besteht, dass individuelle Assistenzarrangements zugunsten standardisierter oder gepoolter Angebote zurückgedrängt werden.

Fazit: Ein Reformprozess mit offenem Ausgang

Das Bundesteilhabegesetz ist ein wichtiger, aber auch ambivalenter Schritt auf dem Weg zur Umsetzung der UN-BRK in Deutschland. Es hat wichtige Impulse gesetzt und theoretische Verbesserungen verankert. In der Praxis zeigen sich jedoch erhebliche Umsetzungsprobleme, neue bürokratische Hürden und die Gefahr, dass die angestrebte Stärkung der Selbstbestimmung hinter finanziellen Erwägungen und administrativen Zwängen zurückbleibt.

Es bedarf einer kontinuierlichen, kritischen Begleitung durch Selbstvertretungsorganisationen, der Wissenschaft und der Fachpraxis sowie der Bereitschaft von Politik und Verwaltung, Fehlentwicklungen zu korrigieren und das Gesetz im Sinne der UN-BRK konsequent weiterzuentwickeln. Der Maßstab muss immer sein, ob die gesetzlichen Regelungen und ihre Anwendung tatsächlich zu mehr Selbstbestimmung, Teilhabe und Inklusion für Menschen mit Behinderungen führen. Die UN-BRK gibt hier die klare Richtung vor – der Weg dorthin bleibt ein fortwährender Prozess.

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