Die Anatomie einer Radiabled-Sendung: Ein tiefer Einblick in den Entstehungsprozess bei Studio Enns für Radio FRO
In den vorangegangenen Kurzbeiträgen haben wir die einzelnen Schritte skizziert, die zur Entstehung einer Sendung unserer Reihe „Radiabled“ auf Radio FRO führen. Doch oft steckt hinter diesen Schritten viel mehr – mehr Zeit, mehr Emotionen, mehr Herausforderungen und mehr Zusammenarbeit, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Lassen Sie uns die Reise einer typischen (oder manchmal auch untypischen) Radiabled-Sendung von der ersten Idee bis zum fertigen Beitrag zum Nachhören noch einmal detaillierter betrachten.
Phase 1: Der Funke – Zwischen Planung und Zufall
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Alles beginnt mit der Idee. Wie bereits erwähnt, speist sich unser Ideenpool aus verschiedenen Quellen: dem lokalen Geschehen in Enns und Umgebung, unserem Netzwerk, Hörer:innen-Input und langfristiger Planung. Nehmen wir als Beispiel die kommende Sendung zur Wanderausstellung „Halt keine Gewalt“ im Schloss Enns Egg. Hier kam die Information über die Ausstellung vermutlich über lokale Kanäle oder unser Netzwerk zu uns. Die Relevanz des Themas – Gewaltprävention, Schutz vulnerabler Gruppen – war sofort offensichtlich und passte perfekt zum Anspruch von Radiabled und Studio Enns, auch schwierige, aber gesellschaftlich wichtige Themen aufzugreifen.
Doch nicht immer ist es so klar. Manchmal ist es nur ein vages Gefühl, ein Hinweis auf eine interessante Person oder eine aufkommende gesellschaftliche Debatte. Dann beginnt die Phase der ersten Recherche: Ist das Thema wirklich tragfähig für eine ganze Sendung? Gibt es genügend Informationen? Finden wir geeignete Gesprächspartner:innen? Diese erste Sondierung kann schnell gehen oder sich über Wochen hinziehen. Es ist ein Abwägen zwischen Aktualität, Relevanz und Machbarkeit.
Bei unserer Serie über seltene Erkrankungen war der Prozess anders. Hier stand von Anfang an fest: Das Thema ist zu komplex und vielschichtig für nur eine Sendung. Die Idee zur Serie entstand aus dem Wunsch, Betroffenen wie Sigi eine nachhaltige Plattform zu geben und die verschiedenen Facetten – Diagnose, Forschung, Alltag, Unterstützung – ausführlich zu beleuchten. Die Planung hierfür war langfristiger und beinhaltete die Überlegung, welche Aspekte in welcher Reihenfolge Sinn machen und welche Expert:innen oder Betroffenen wir für die jeweiligen Schwerpunkte gewinnen können.
Phase 2: Die Menschen – Vertrauen aufbauen und vorbereiten
Sobald das Thema steht, beginnt die Suche nach den Menschen, die der Sendung eine Stimme und ein Gesicht geben. Bei der Ausstellung „Halt keine Gewalt“ lag es nahe, Kerstin Erlacher anzufragen, die sich mit dem Thema auskennt und für uns berichten kann. Hier greift unser internes Netzwerk und die bekannte Expertise.
Bei Themen wie seltenen Erkrankungen oder anderen persönlichen Erfahrungsberichten ist die Kontaktaufnahme oft sensibler. Es geht darum, Vertrauen aufzubauen. Menschen wie Sigi öffnen sich und teilen sehr persönliche, manchmal schmerzhafte Erfahrungen. Das erfordert Respekt, Empathie und eine klare Kommunikation darüber, was sie in der Sendung erwartet. Wir betonen immer, dass die Gäste nur das erzählen müssen, womit sie sich wohlfühlen. Ein ausführliches Vorgespräch (telefonisch oder persönlich) ist hier unerlässlich. Es dient nicht nur dazu, die Inhalte abzuklären, sondern auch dazu, eine Beziehung aufzubauen und Ängste oder Unsicherheiten abzubauen. Die Frage „Was passiert, wenn ich mich verspreche?“ oder „Kann das auch herausgeschnitten werden?“ sind legitim und werden offen besprochen.
Die Vorbereitung der Gäste variiert. Expert:innen benötigen oft nur eine grobe Absprache der Themenblöcke. Betroffene fühlen sich manchmal sicherer, wenn sie die Fragen vorab kennen – wobei wir immer betonen, dass der Leitfaden flexibel ist und wir ein natürliches Gespräch führen wollen. Es ist ein Balanceakt zwischen Struktur geben und Spontaneität ermöglichen.
Phase 3: Das Gerüst – Mehr als nur Fragen stellen
Parallel zur Gästegewinnung entsteht der Gesprächsleitfaden. Das ist weit mehr als nur eine Liste von Fragen. Es ist der dramaturgische Bogen der Sendung. Wie fangen wir an, um die Hörer:innen sofort ins Thema zu holen? Wie schaffen wir Übergänge zwischen verschiedenen Aspekten? Welche Hintergrundinformationen muss die Moderation liefern, damit auch Hörer:innen ohne Vorwissen folgen können? Wo können wir Zitate, Zahlen oder Fakten einbauen?
Gerade bei komplexen Themen wie seltenen Erkrankungen oder den Hintergründen von Gewalt ist eine gute Recherche im Vorfeld unerlässlich. Wir lesen uns ein, suchen nach verlässlichen Quellen (wie der Webseite halt-keine-gewalt.at) und versuchen, die wichtigsten Punkte zu identifizieren. Der Leitfaden hilft, diese Punkte strukturiert abzuarbeiten, ohne das Gespräch zu ersticken.
Das Zeitmanagement ist dabei eine ständige Herausforderung, besonders bei Live-Sendungen auf Radio FRO. Eine Stunde Sendezeit klingt viel, ist aber schnell vorbei. Wir müssen einschätzen, wie viel Zeit wir für die Vorstellung, die einzelnen Themenblöcke und den Abschluss benötigen. Pufferzeiten für unerwartete Wendungen im Gespräch oder technische Kleinigkeiten sind sinnvoll. Manchmal müssen wir im Gespräch Schwerpunkte setzen oder Themen kürzen, wenn die Zeit knapp wird.
Phase 4: Die Aufnahme – Konzentration und Atmosphäre
Der Moment der Aufnahme – ob live oder vorproduziert – ist der Höhepunkt der Vorbereitung. Im Studio (bei Radio FRO oder bei uns) geht es darum, eine konzentrierte und gleichzeitig entspannte Atmosphäre zu schaffen. Der Technik-Check im Vorfeld ist Routine, aber wichtig, um böse Überraschungen zu vermeiden. Funktionieren alle Mikros? Stimmt der Pegel? Läuft die Aufnahmesoftware?
Für die Gäste ist die Studiosituation oft ungewohnt. Die Moderation spielt hier eine Schlüsselrolle: eine freundliche Begrüßung, eine kurze Erklärung des Ablaufs, die Zusicherung, dass alles gut wird. Während des Gesprächs geht es darum, aktiv zuzuhören, auf die Antworten einzugehen, Nachfragen zu stellen und gleichzeitig den roten Faden und die Zeit im Blick zu behalten. Bei Live-Sendungen kommt die zusätzliche Herausforderung hinzu, Musik oder Jingles passend einzuspielen und auf die Sekunde genau fertig zu werden.
Manchmal laufen Dinge nicht wie geplant: Ein Gast ist nervös, die Technik macht kurz Probleme, das Gespräch nimmt eine unerwartete Wendung. Hier sind Erfahrung, Improvisationstalent und Gelassenheit gefragt.
Phase 5: Der Feinschliff – Von der Rohfassung zum Hörerlebnis
Ist die Aufnahme im Kasten (oder die Live-Sendung vorbei), beginnt die Nachbereitung. Bei vorproduzierten Sendungen ist das oft der Schnitt. Hier geht es nicht darum, Inhalte zu manipulieren, sondern das Hörerlebnis zu optimieren: Lange Pausen oder Häsitationen können gekürzt, laute Atmer oder technische Störgeräusche entfernt werden. Bei sehr sensiblen Themen kann es nach Absprache mit dem Gast auch sinnvoll sein, bestimmte Passagen zu entfernen, wenn er oder sie sich im Nachhinein unwohl fühlt.
Die fertige Audiodatei muss dann für die Ausstrahlung bei Radio FRO und/oder die Veröffentlichung auf unserer Webseite und im CBA vorbereitet werden. Dazu gehört das richtige Dateiformat, die Benennung und vor allem die Verschlagwortung mit Metadaten. Diese Daten sind entscheidend, damit die Sendung später gefunden und richtig zugeordnet werden kann.
Parallel dazu entsteht der begleitende Blogbeitrag auf unserer Webseite. Dieser kündigt die Sendung an oder fasst sie zusammen, liefert Hintergrundinformationen, stellt die Links zum Nachhören bereit und enthält relevante Hashtags für die Auffindbarkeit. Wie wir gesehen haben, kann hier auch unser „KI-Kollege“ eine erste Vorlage liefern, die dann aber von Harald Bachlmayr oder anderen im Team sorgfältig geprüft, korrigiert und finalisiert wird – ein Beispiel für moderne, aber menschenkontrollierte Arbeitsweisen.
Fazit: Leidenschaft und Teamwork
Die Reise einer Radiabled-Sendung ist ein komplexer Prozess, der weit über das reine Sprechen ins Mikrofon hinausgeht. Es ist eine Mischung aus Recherche, Planung, Kommunikation, Technik, Empathie und oft auch einer guten Portion Leidenschaft für das Thema und das Medium Radio. Es ist Teamwork – zwischen den Macher:innen von Studio Enns, den Gäst:innen, den Kolleg:innen von Radio FRO und nicht zuletzt auch mit Ihnen, unseren Hörer:innen, deren Feedback uns antreibt. Jede Sendung ist ein kleines Abenteuer, und wir freuen uns, Sie auf diese Reisen mitnehmen zu dürfen.
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