Beitrag 1: Mein Auto, meine Regeln – und doch nicht am Steuer: Die Realität als Beifahrer im eigenen Wagen

Beitrag 1: Mein Auto, meine Regeln – und doch nicht am Steuer: Die Realität als Beifahrer im eigenen Wagen

Es ist ein Paradoxon, das mein tägliches Leben prägt: Ich besitze ein Auto, ein Symbol der Freiheit und Unabhängigkeit für so viele Menschen. Es steht vor meiner Tür, glänzend und bereit, die Welt zu erkunden. Ich habe es sorgfältig ausgewählt, vielleicht sogar an meine speziellen Bedürfnisse angepasst, soweit es als Beifahrer Sinn ergibt. Ich kümmere mich um die Versicherung, die Wartung, den TÜV und sorge dafür, dass immer genug Benzin im Tank ist oder die Batterie geladen ist. Es ist mein Auto. Und doch kann ich den Zündschlüssel nicht umdrehen und einfach losfahren. Meine Behinderung macht es mir unmöglich, einen Führerschein zu erwerben. Ich bin immer auf den Beifahrersitz angewiesen, eine stille Beobachterin der Straße, die sich vor mir ausbreitet, gesteuert von den Händen eines anderen.

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Diese Realität – die des Autobesitzers, der nicht fährt – ist komplex und vielschichtig. Sie birgt eine ganz eigene Mischung aus Privilegien und Abhängigkeiten. Einerseits eröffnet mir das eigene Fahrzeug eine Mobilität, die ohne es kaum denkbar wäre. Ich bin nicht ausschließlich auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, die oft mit eigenen Barrieren und Herausforderungen verbunden sind, oder auf teure Taxifahrten und Fahrdienste, deren Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit variieren kann. Mein Auto ist ein Versprechen auf Erreichbarkeit, auf Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Es bedeutet, dass ich Arzttermine wahrnehmen, Freunde und Familie besuchen, Einkäufe erledigen oder sogar Urlaubsreisen planen kann, mit einem Grad an Komfort und Flexibilität, den andere Transportmittel oft nicht bieten können.

Andererseits ist da die ständige Abhängigkeit von anderen Menschen. Jede Fahrt muss organisiert, geplant und mit einer Person abgestimmt werden, die bereit und in der Lage ist, mich zu fahren. Das erfordert ein hohes Maß an Organisationstalent, Kommunikationsfähigkeit und oft auch eine gehörige Portion Geduld und Verständnis – sowohl von meiner Seite als auch von der Seite meiner Fahrer. Es ist nicht einfach, immer jemanden zu finden. Familie, Freunde, Bekannte – sie alle haben ihr eigenes Leben, ihre eigenen Verpflichtungen. Auch wenn die Bereitschaft oft groß ist, bedeutet es für sie einen zusätzlichen Aufwand, eine Verantwortung, die sie für mich übernehmen.

Die emotionale Seite dieser Situation ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. Da ist die Dankbarkeit, die ich empfinde, wenn jemand seine Zeit und Energie opfert, um mich zu chauffieren. Diese Dankbarkeit ist tief und aufrichtig. Aber es gibt auch Momente der Frustration, des Neids vielleicht, wenn ich andere sehe, die einfach einsteigen und losfahren, ohne nachdenken zu müssen. Die Spontaneität, die ein eigenes Auto für die meisten Menschen bedeutet, ist für mich nur sehr eingeschränkt erlebbar. Ein spontaner Ausflug ans Meer an einem sonnigen Tag? Schwierig, wenn nicht unmöglich, ohne vorherige Absprache.

Trotzdem versuche ich, die positiven Aspekte in den Vordergrund zu stellen. Das Auto ist mein Beitrag zur gemeinsamen Mobilität. Ich stelle das Fahrzeug, sorge für seinen Unterhalt, und im Gegenzug erhalte ich die Möglichkeit, dorthin zu gelangen, wo ich hinmöchte oder -muss. Es ist eine Art Tauschgeschäft, eine Symbiose, die auf gegenseitigem Geben und Nehmen beruht. „Mein Auto, meine Regeln“ gilt in gewissem Sinne immer noch: Ich bestimme, wann und wo es getankt wird, welche Versicherung abgeschlossen wird, welche Werkstatt aufgesucht wird. Ich entscheide über die Sauberkeit im Innenraum und darüber, welche Musik gespielt wird – zumindest kann ich meine Wünsche äußern und oft werden sie auch respektiert.

Die Rolle des „professionellen Beifahrers“ im eigenen Auto ist eine, in die man hineinwachsen muss. Man lernt, die Bedürfnisse des Fahrers zu antizipieren, klare und präzise Anweisungen zu geben, wenn man ortskundig ist, und sich auch einmal zurückzunehmen, wenn der Fahrer seine eigene Routine hat. Man entwickelt ein Gespür dafür, wann ein Gespräch willkommen ist und wann der Fahrer Konzentration benötigt. Man wird zum Experten für die bestmögliche Nutzung des Beifahrersitzes, für das Verstauen von Hilfsmitteln und für die Planung barrierearmer Routen und Parkmöglichkeiten.

Letztendlich ist mein Auto mehr als nur ein Transportmittel. Es ist ein Statement. Es sagt: Ich bin hier, ich möchte teilhaben, und ich finde Wege, meine Mobilität zu gestalten, auch wenn diese anders aussieht als bei den meisten. Es ist ein ständiger Balanceakt zwischen dem Wunsch nach Autonomie und der Realität der Abhängigkeit, ein tägliches Aushandeln von Bedürfnissen und Möglichkeiten. Und trotz aller Herausforderungen ist es ein unschätzbarer Wert, diese Form der Mobilität zur Verfügung zu haben, bereitgestellt durch mein eigenes Fahrzeug, gesteuert von helfenden Händen.

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